THE SON (UK, FR 2022, R: Florian Zeller): Ein schmerzhaftes Familiendrama

Ein Film über Familienwirrungen und missglückte Kommunikation. Nach THE FATHER kommt THE SON. Wobei dieser zweite Film von Florian Zeller tatsächlich eher die Perspektive eines Vaters erzählt.

Hugh Jackman spielt den Mann zwischen seinen zwei Familien und dem Job zerrissen. In beiden Bereichen wirkt er zunehmend entmachtet. Die zahlreichen Szenen, die ihn allein an seinem Schreibtisch vor der großen Glasfront zur New York Skyline orientierungslos in die Luft starrend zeigen, wirken wie Symbolbilder für seine Funktion im Film, zeigen seinen Verlust. Aber gehen wir erstmal zurück zum Anfang.

Der Film beginnt mit einer Einstellung auf Beths Gesicht. Peters zweite Ehefrau lehnt sich über den gemeinsamen Sohn und summt sanft ein Schlaflied. Er erscheint im Türrahmen und lächelt ihr bewundernd zu. Die Harmonie des jungen Familienglücks wird hier als Basis etabliert, bevor sich ein Riss auftut. Peters Ex-Frau Kate steht vor der Wohnungstür und verkündet die Nachricht, die alles ändern wird: ihr gemeinsamer jugendlicher Sohn Nicholas war seit einem Monat nicht mehr in der Schule.

Peter wird aktiv, spricht mit ihm, findet eine neue Schule und lässt Nicholas bei sich und seiner neuen Familie einziehen. Aber Nicholas bleibt unnahbar. Die Therapie holt ihn nicht richtig ab und er schwänzt bald wieder die Schule. Die Antworten, die er seinen Eltern gibt, erscheinen diesen kryptisch. Er spricht von einem großen Schmerz, davon sich irgendwie falsch zu fühlen und obwohl sie sich bemühen, können seine Eltern ihn nicht verstehen. Die Dialoge kreisen in ähnlichen Formulierungen, doch das wirkt stimmig in Bezug auf den weiten Graben zwischen den Positionen von Eltern und Sohn. Die Momente, in denen sich ihre Hilflosigkeit auftut, sind schmerzhaft. Ein unwohles Gefühl beschleicht das Publikum, das in der Zuschauerposition im Kinosessel festsitzt.

In skurriler Konkurrenz zu seinem eigenen autoritären Vater, will Peter im Versuch der Abgrenzung eine ganz andere sanfte, zugewandte Beziehung zu seinem Sohn führen, aber stößt dabei immer wieder gegen Wände. Er verfällt in Muster, gegen die er sich wehren wollte. In dem wohlhabenden Milieu, in dem er sich bewegt, ist ihm schulischer Erfolg und traditionelle Leistung wichtiger, als er zugeben möchte. Sobald Peter sich dabei ertappt, verfällt er in melancholische Stimmung. Unterlegt mit dramatischer Musik, erinnert er sich an vergangene Sommerurlaube, als Nicholas noch sein kleiner, glücklicher Sohn war. Er tut sich schwer, seinen nun fast erwachsenen Sohn als den, der er ist, ernst- und wahrzunehmen.

Leider ist der Film so eng an der Perspektive des Vaters verwurzelt, dass die beiden eigentlich äußerst komplexen Figuren der Frauen Beth und Kate, beide fantastisch gespielt von Vanessa Kirby und Laura Dern, nur im Verhältnis zu ihm vorgestellt werden. Ihre emotionale Positionierung und ihr Umgang mit der Situation wird vernachlässigt. Der Film, der auf dem gleichnamigen Theaterstück Zellers basiert, trifft die Entscheidung sich voll auf Peter zu konzentrieren.

Ohne etwas zu verraten, lässt sich sagen, dass das gewissermaßen verzögerte Ende dieses Familiendramas umso mehr schmerzt. Man sollte sich vor dem Kinobesuch von The Son auf eine emotionale Herausforderung einstellen. Zum Abschluss erscheint eine Warnkachel, die darauf hinweist, wie weit verbreitet Depressionen sind und Hilfsangebote empfiehlt.

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