PETITE MAMAN (F 2021, R: Céline Sciamma): Von selbstgebauten Hütten

Wer waren unsere Eltern, als sie selbst Kinder waren? Was hat ihr jetziges Ich mit dem damaligen zu tun? In PETITE MAMAN bekommt ein Mädchen, die einmalige Chance, diese Fragen in Bezug auf ihre Mutter erkunden zu können.

Der Film beginnt mit einer ruhigen Szene. Die achtjährige Nelly geht von Raum zu Raum und verabschiedet sich von den alten Damen, zu denen ihre Großmutter bis vor kurzem gehörte. Als letztes betritt sie das Zimmer des Altersheims, in dem ihre Mutter gerade die persönlichen Gegenstände ihrer eigenen Mutter zusammenräumt. Nelly bittet darum, den Stock ihrer Oma behalten zu dürfen.

Es ist der behutsame Anfang eines zarten Films. Wir erahnen bereits eine besondere Nähe zwischen Mutter und Tochter, sowie die für Nelly schwer fassbare Traurigkeit der älteren. Sie sitzt vorm Fenster und blickt nach draußen, die Kamera zeigt ihren Rücken und fährt langsam weg. Das Verhältnis zwischen Mutter und Tochter soll in Petite Maman untersucht werden.

Die dreiköpfige Familie hält sich im alten Haus der Verstorbenen auf. Sie sind da, um alles auszuräumen und Abschied zu nehmen. Nelly bewegt sich durch das Haus und den umliegenden Wald. Sie saugt alles auf, scheint eine Verbindung zu suchen. Etwas, dass sie mit diesem Ort in Beziehung setzt, ihn zur Heimat macht. Dabei ist die Kamera immer auf ihrer Augenhöhe unterwegs. Es fühlt sich respektvoll und behutsam an. Dieser Stil wirkt natürlich, obwohl wir ihn selten sehen. Nelly bestimmt den Film. Nie wechseln wir in die Perspektive ihrer Eltern auf sie.

Auf ihren Erkundungen im Wald begegnet Nelly einem Mädchen in ihrem Alter, dass ihr auffällig ähnlichsieht (gespielt von der Zwillingsschwester.) Sie begreift schnell, dass sie ihrer eigenen Mutter gegenübersteht. Die beiden Mädchen sind in eine Art Zeitschleife geraten, was sie ohne Fragen akzeptieren. Sie freuen sich über die begrenzte Zeit, die sie so teilen können. Insbesondere erlangt Nelly so eine Nähe zu ihrer Mutter, die ihr sonst fehlt. Ihre erwachsene Version ist ohne Ankündigung verfrüht abgereist. Nelly sehnt sich nach ihr und versucht sie besser zu verstehen. Sie genießt die begrenzte Zeit, die ihr mit der gleichaltrigen Mutter zur Verfügung steht und macht ein Abenteuer daraus.

Dieser Film erzählt ein Märchen von dem besonderen Bund zwischen Mutter und Tochter, Erinnerung und Heimat, ohne dabei je in Kitsch abzugleiten.

Kommentare

Eine Antwort zu „PETITE MAMAN (F 2021, R: Céline Sciamma): Von selbstgebauten Hütten“

  1. […] MAMAN wurde bereits auf diesem Blog besprochen (Link). In diesem Artikel soll auf einige Aspekte in Bezug auf das Thema des aktuellen Filmzyklus „Back […]

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